Tiere können dank eines großen Netzwerks in Europa grenzenlos zwischen den Zoos wandern
Ostorf • Gastfreundschaft wird im Schweriner Zoo groß geschrieben – das gilt auch für die Tiere. Gegenwärtig ist hier ein Sibirischer Tiger aus dem Kölner Zoo zu Besuch, weil die dortige Raubkatzen anlage erweitert wird. „Da alle Tiger anlagen in Europa ausgebucht sind, bei uns aber noch ein Platz frei ist, haben wir dem Tiger für die Dauer der Baumaßnahme ein Quartier gegeben“, sagt Zoodirektor Dr. Tim Schikora.
Als Mitglied im Zooverband Mecklenburg-Vorpommern, im Verband der Zoogärten im deutschsprachigen Raum und im europäischen Zooverband ist der Schweriner Zoo bestens organisiert. Über diese Netzwerke werden Informationen zum Tiertransport und dem Tierseuchenschutz, zur Haltung der Tiere, zum Artenschutz und den Zuchtprogrammen sowie zu den Kapazitäten der Anlagen ausgetauscht. Im Schweriner Zoo haben bereits zwei Tiger ein Zuhause. Der Tiger gilt als größte Katze der Erde, ist ein Einzelgänger und braucht sein eigenes Revier. „Sergan, unser Gast aus Köln, befindet sich noch in der Eingewöhnungsphase. Nach der Transportkiste trifft er hier auf völlig neue Bedingungen, Töne, Gerüche und Tierpfleger“, erklärt der Zoodirektor.
Schritt für Schritt soll sich das Tier an seine neue Umgebung gewöhnen. Erst darf es ins Vorgehege und dann in die Schauanlage. „Wenn Sergan sich eingelebt hat, gibt es mit den beiden anderen Tigern einen Reviertausch. Das ist artspezifisch, weckt die Neugier, stimuliert das Tier, beschäftigt es und bringt Abwechs
lung in den Alltag“, ergänzt Sabrina Höft. Sie ist wissenschaftliche Assistentin und seit 2011 im Schweriner Zoo beschäftigt. Die Diplombiologin kümmert sich neben den bürokratischen Aufgaben auch um die wissenschaftliche Betreuung der Tiere. Sie sorgt ebenso dafür, dass die Futterpläne immer auf dem neuesten Stand der Erkenntnisse sind. Denn in den Zoos werden die Tiere älter als in der Wildnis, was auch zu einer sich ändernden Ernährung führt.
Etwa sechs bis acht Kilogramm Rindfleisch am Knochen frisst ein Tiger pro Tag. Es gibt auch Tiere aus der eigenen Zucht, wie zum Beispiel Ziegen und Schafe, die artgerecht getötet und als ganzes Stück dem Tiger vorgelegt werden. Das Fell wirkt wie Rohfaser und ist wichtig für die Verdauung. „So ist die Natur. Wo ein Raubtier ist, müssen andere Tiere sterben. Am liebsten verfüttern wir eigene Tiere, da wir deren Herkunft und Ernährung am besten kennen“, meint Zoodirektor Dr. Tim Schikora. Da der Tiger nicht immer Jagderfolg hat, gibt es jede Woche zwei Fastentage. Dies ist wichtig für das Verdauungssystem.
Im Oktober wird mit dem Neubau der Löwenanlage begonnen. Dann begeben sich die beiden Giraffen auf die Reise, da sich deren Gehege genau neben der künftigen Baustelle befindet. Während die Kuh einen Platz im Nürnberger Zoo reserviert hat, ist für den Bullen eine freie Stelle in der niederländischen Gemeinde Rhenen gebucht.
Text: Stephan Rudolph-Kramer